Dienstag, 23. Juli 2013

Sprudelnde Steuern - ein Überblick

Seit 1993 gab es 11 Jahre der "sprudelnden Steuereinnahmen" gleichwohl ist der Verfall der Städte und Gemeinden allerorten feststellbar: marode Straßen und Schulen, geschlossene Sport- und Kultureinrichtungen, verfallende Spielplätze. Wie ist das möglich? Weil die Kommunen zu wenig sparen? Um diesen scheinbaren Widerspruch auflösen zu können, muss man sich das Zahlenwerk, mit dem der "Bund der Steuerzahler" hantiert mal genauer anschauen. Die Steuerschätzer erwarten für 2013 Einnahmen des Staates von ca. 614 Mrd. € - nominell, also unter Nichberücksichtigung der Inflation. Nun, Deutschland wäre ein wahres "Lohnwunderland", wenn wir jede Lohnerhöhung ohne Berücksichtigung des Preisanstieges einstreichen könnten; geht aber nicht. Warum dann bei den Steuereinnahmen? Laut Statistischem Bundesamt betrugen die Steuereinnahmen preisbereinigt für 2012 etwa 403 Mrd €. Im Jahr 2000 waren es 390 Mrd €, ein Zuwachs also von 3%. Angeblich sei das Plus von 7,2 % bei der Lohnsteuer nicht nur ein Indikator für die zunehmenden Steuereinnahmen sondern auch für die positive Situation am Arbeitsmarkt. Auch hier wird wieder nominelles Zahlenwerk verwendet. In Wahrheit sind die Löhne (und damit natürlich auch die Lohnsteuereinnahmen) seit 2000 real rückläufig. Dies lässt sich auch an der sog. Lohnquote - also der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen - feststellen: von 71,6% im Jahr 2002 sank sie auf 68% im Jahr 2012. Dies passt aber dann auch zu der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden in Deutschland. Diese liegt seit dem Jahr 2000 ziemlich konstant bei 58 Mrd. Stunden (Statistische Ämter des Bundes und der Länder). Darüber hinaus sind Steuerschätzungen über ein Jahr hinaus ( 700 Mrd € bis 2017, wieder nominell) gerade in diesen Zeiten reine Kaffeesatzleserei und somit unseriös. Wenn wir uns auf der anderen Seite die Steuersenkungen unter Rot/Grün von 1998 bis 2005 betrachten, lässt sich der Mythos des "gierigen Staates" leicht enkräften: Senkung des Spitzensteuersatzes von 53% auf 42%. Senkung der Körperschaftssteuer von 40% auf 19%. Senkung der Steuern auf Kapitaleinkünfte von 42% auf 25%. Steuerliche Freistellung bei der Veräußerung von Unternehmsanteilen. Von der Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die das Bundesverfassungsgericht ja lediglich aus formalen Gründen und nicht aus Gründen der Steuergerechtigkeit ausgesetzt hat, sowie der längst überfälligen Reform der Erbschaftssteuer ganz zu Schweigen. Insgesamt verlor der Staat (der wir ja alle sind) durch diese Rot/Grünen Steuersenkungen auf Unternehmensgewinne, hohe Einkommen und Vermögen bis heute 389 Mrd €, alleine für 2011 sind dies 51 Mrd € (Bundesfinanzministreium). Und Schwarz/Gelb geht diesen Weg konsequent weiter und treibt es sogar schamlos und schadlos auf die Spitze: ich erinnere an die "Möwenpicksteuer". Was ist statt dessen notwendig? Wenn wir die Entwicklung der Löhne und Vermögen betrachten, so lässt sich doch zweierlei festhalten: Spitzeneinkommen und Vermögen steigen trotz Krise überproportional während mittlere und untere Löhne und Gehälter stagnieren bzw. sogar rückläufig sind. Diesen Entwicklungen muss denn auch zweizügig entgegen gewirkt werden. Eine Vermögensteuer auf Vermögen über 1 Mio. €, eine angemessene Erbschaftsteuer auf große Erbschaften, Anhebung des Körperschaftssteuersatzes auf 25%, Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 53% ab einem Einkommen von 65000 € dienten einer allgemeinen Rückkehr zu mehr Steuergerechtigkeit. Gleichzeitig ist eine Anhebung des Steuerfreibetrags notwendig um mittlere und niedere Einkommen zu entlasten. Darüber hinaus ist es schier absurd, dass Rennpferde die schnell mal mit 30000€ zu Buche schlagen mit 7%, Babywindeln dagegen mit 19% Mehrwertsteuer belastet sind. Auch hier gilt es kleine und mittlere Einkommen zu entlasten, indem der ermäßigte Satz kinder- und familienfreundlich eingesetzt werden kann. Nicht zuletzt ist es in einem Land wie Deutschland untragbar, dass die Friseurin im Osten für 5,80 € und der Kellner im Westen für 7,50 € schuften. Wir benötigen endlich einen flächendeckenden und ausreichenden Mindestlohn. Es ist Einiges aus den Fugen geraten in den letzten 15 - 20 Jahren und es ist notwendig im Sinne der Mehrheit der Menschen in diesem Land und im Sinne einer funktionierenden Demokratie korrigierend einzugreifen.

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