Donnerstag, 1. August 2013

Da hat Frau von der Leyen recht

wenn sie kundtut, wer heute weniger als 2500€ brutto im Monat verdient von Altersarmut betroffen sein könnte. Gleichwohl hier ganz leise so etwas wie ein kritisches Stimmlein an der aktuellen Lohnpolitik durchscheint, betreibt sie dennoch Schönfärberei. Ich erhielt kürzlich meine alljährliche Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung. Auf diesem Dokument befinden sich neben der Anzahl der von mir bis dato erworbenen Rentenpunkte auch interessante Zahlen zum Errechnen derselben. Die Rente bemisst sich an sog. Entgeltpunkten. Ein Entgeltpunkt erhält man, wenn man 1 Jahr genau den Durchschnittsverdienst aller Versicherten erzielt hat. Für das Jahr 2013 sind dies 34.071€. Für diesen einen Entgeltpunkt werden dem Rentenkonto ein Rentenwert von derzeit 28,14€ gut geschrieben. Lassen wir die Zahlen weiter sprechen: ein Bruttojahreseinkommen von ca. 34.000€ ergibt einen Monatslohn von 2.833€ ohne Berücksichtigung von Weihnachts- oder Urlaubsgeld, welches in den meisten Dienstleistungsbereichen und im Handwerk (ganz zu schweigen von prekären Beschäftigungsverhältnissen) in der Regel ohnehin eher mager ausfällt. Nehmen wir nun weiter an, unser fleißiger Mensch arbeitet 180 Stunden im Monat so ergibt sich hieraus eine Stundenlohn von 15,74€ um eine Rente zu erhalten die nach 40 Jahren mit ca. 1200€ nicht wesentlich über der Grundsicherung liegt (ohne Berücksichtigung von Rentenanpassungen und Inflation). Ja, und wenn (wahrscheinlich nicht nur) Frau von der Leyen weiß, welche Stundenlöhne gezahlt werden müssten um Armut im Alter wenigstens abzuschwächen frage ich mich, warum tut sie als wichtiges Mitglied dieser Regierung nichts gegen Leih- und Zeitarbeit, gegen Werksverträge, Minijobs und Aufstockerunwesen. Warum ist Frau von der Leyen gegen equal pay in der Leiharbeit und gegen einen gesetzlichen Mindestlohn? Der gesetzliche Mindestlohn ist kein "Jobkiller" wie CDU/FDP und die Arbeitgeberverbände nicht müde werden zu propagieren. 20 EU-Staaten haben ihn teils seit Jahren und unsere nächsten Nachbarn wie Frankreich, Belgien, Niederlande und Luxemburg sogar auf recht hohem Niveau und nirgendwo fanden die Horrorszenarien statt die Leute wir Herr Hundt so gerne zeichnen. Im Gegenteil: die Steuereinnahmen sowie die Beiträge zu den Sozialsystemen entwickelten sich positiv im Sinne des Gemeinwohls.

Was ist eigentlich Reichtum?

Vor einiger Zeit las ich einem Kommentar zu einen Artikel in der FAZonline: "....mir geht es finanziell gut und damit das so bleibt, werde ich diese Regierung weiterhin wählen...müssen." Ja, denke ich mir, das macht so einen wahren CDU/FDP, wahrscheinlich auf viele Grün-Wähler aus: der eigene Tellerrand. Dazu gehören die Familie und vielleicht noch der engste Freundeskreis. Jenseits davon beginnt ein dunkles Nichts, vielleicht etwas Bedrohliches, aber in jedem Falle ist dort nichts mehr von Bedeutung was das eigene soziale Sein, die eigene gelebte Politik angeht. Und das soll auch so sein. Was soll denn ein sogenannter "Konservativer" oder sogenannter "Liberaler" mit dem Leid derer anfangen, die jenseits seiner Erdenscheibe existieren? Sind diese doch an ihren Zu- und Umständen selbst schuld, warum also Sorge für jene tragen, die gleiches nicht für sich selbst zu tun gewillt sind. So konserviert denn auch ein Konservativer lediglich seinen Wohlstand und das Gefühl, das alles, aber auch wirklich alles in seinem Besitz stehende ausschließlich seiner ureigenen Leistung und seinem alleinigen Fleiß zu verdanken sei. Wie auch der Liberale, der, denkt er an Freiheit in der Regel nur die eigene meint die selbstredend, ganz im Sinne Maslows materiell auch abgesichert ist. Was kann er schon dafür, wenn sich andere Freiheit im wahrsten Wortsinne nicht leisten können? Was diese Spezies auszeichnet ist die Unfähigkeit zu erkennen, dass die Armut des flaschensammelnden Rentners durchaus Rückwirkungen auf ihren Lebensentwurf und -stil hat. Während der wirklich Reiche sich von jeglicher materiellen Knappheit, ja von der Rest-Gesellschaft schlechthin erfolgreich distanziert, instrumentalisiert er gleichzeitig wirkungsvoll die Abstiegsängste und Aufstiegsbestrebungen der Mittelschicht. Diese befolgt auch brav ihre Aufgabe indem sie eine stark gekrümmte Haltung einnimmt und politisch wie sozial zu gleich nach unten tritt und nach oben katzbuckelt. Die Mittelschicht dient der reichen Kaste einerseits als Brandwand vor der Wut und dem Hass der Armen sowie andererseits als Rechtfertigung für das Fortbestehen des existierenden Systems der gesellschaftliche Spaltung. Was ist unter solchen Umständen nun wirklicher Reichtum? Es ist das genaue Gegenteil des status quo. Wenn die Mittelschicht erkennen würde, dass nicht der HartzIV-Empfänger und die prekär Beschäftigten, sondern die Quandts, Springers und Aldis diejenigen sind, die sie in Funktionshaft nehmen und sie zwingen, das Hamsterrad immer schneller zu drehen, dann hätte dies beinahe zwangsläufig eine Solidarität nach "unter" zur Folge, die der herrschenden Klasse gefährlich werden würde. Es geht also um Solidarität mit den weniger gut bestellten Menschen, um Mut die menschenverachtenden Strukturen sehen zu wollen un um den nötigen Zorn dem eigenen Missbrauch durch die sogenannten "Eliten" entgegen zu treten.