Mittwoch, 27. Mai 2009

Stille?

Ich verstehe sie nicht - ich verstehe die Ruhe in diesem Land nicht, die Proteste, Strohfeuern gleich, verstummen immer wieder, viel zu leise und zu schnell.
Acht Millionen leben laut Statistik in oder hart an der Armut, Alleinerziehende und Kinder sind besonders betroffen, so die offiziellen Angaben. Leiharbeiter, die die gleiche Tätigkeit nebst dem Kollegen ohne Signaluniform verrichten, erhalten nur die Hälfte des Lohnes, Angestellte in Callcentern arbeiten auf Abruf und in Schicht für unter 1000€ im Monat, die vielen "einfachen" Angestellten in den "sozialen" Berufen in Krankenhäusern, Altenheimen und Kindergärten wird systemisch (danke, Angela, es ist Dein Begriff) die soziale und materielle Anerkennung verweigert.
Die Liste ist unendlich und sie beginnt spätestens Anfang der 80iger mit dem Lambsdorff-Papier deren Inhalte Kohl konsequent zu verwirklichen begann und Schröder perfektionierte. Ich erinnere mich noch an Schröders Worte, dass niemandens Status´ an den Zähnen erkennbar sein soll (http://www.news.at/articles/0311/30/52737/deutschland-schroeder-arbeitslosengeld) und wir heute eine Situation haben, in der ein postpubertärer Arbeitsunfähiger namens Missfelder die Alten am liebsten verrecken lassen möchte, ein Sarrazin, satt von Steuergeldern und einträglichen "Nebenjobs" Kastrationsgelüste gegenüber HartzIV-Empfängern hat, ein "Präsident" der Bundesärztekammer, ein gewisser Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, sich offen für eine "Prioritätenliste der notwendigen Behandlungen" aussprechen kann ( http://ad-sinistram.blogspot.com/2009/05/die-selektionsrampe-ist-wieder_22.html ), der Tod wegen Armut in dieser Bundesrepublik Deutschland wieder wahrscheinlich wird...
Aber es geschieht nichts! Was ist also los in diesen Land?
Kürzlich hatte ich ein Gespräch mit einem sehr belesenen und differenziert denkenden Arbeitskollegen und der brachte es auf eine simple Formel: die, die eigentlich aufstehen, protestieren, ja, kämpfen müssten, werden mit HartzIV nebst Zusatzleistungen und garantiert kostemfreien Fernsehen stillgehalten, entmündigt, paralysiert.
Nicht viel hätten sie, diese Entmündigten, aber just soviel, dass ihr Stillhalten gewährleistet sei, der Fernseher als soziale Gruft.
Hat er recht, wenn er die Brotaufstände des 18. Jahrhunderts bemüht um die heutige Lethargie der Betroffenen zumindest im Ansatz zu erklären, annimmt, dass die Not hier in Deutschland nicht wirklich eine existentielle, sondern in der Tat nur eine relative sei?
Was aber regt mich denn auf: relativer Hunger? Gibt es den? Oder relative Bildungsarmut, relative Ausbildungs- und Arbeitsplatzchancen? Kann Gerechtigkeit relativ sein?
Warum ist es so still in dieser Republik?

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